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Norbert Müller, Mitglied des Bundestages

Kinderrechte in Zeiten von Corona

DIE LINKE. Brandenburg
Norbert Müller

Seit Jahren streiten wir für die Verankerung von Kinderrechten, bis auf die Lippenbekenntnisse der Großen Koalition, leider ohne Erfolg. Das häufigste Gegenargument, welches einem in den Diskussionen darum entgegen gebracht wird, geht ungefähr so: Das Grundgesetz betreffe die Rechte aller Menschen, was automatisch auch Kinder beinhalte. Änderungsbedarf bestehe dementsprechend keiner.

Wie trügerisch diese Annahme ist, offenbart sich derzeit auf bedrückende Art und Weise. So finden die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen im Krisendiskurs kaum Beachtung. Sei es bei flächendeckender Schließung von Spielplätzen, der Schließung und Teilwiederöffnung der Schulen oder auch beim De-facto-Kontaktverbot von Heimkindern mit ihren leiblichen Eltern.

Um nicht falsch verstanden zu werden: viele der verhängten Maßnahmen waren gut begründet und nachvollziehbar. Warum jedoch bei der Arbeit am Fließband ein geringeres Ansteckungsrisiko besteht als beim Treffen unter Teenagern an der frischen Luft, kann mir niemand erklären.

Als es um die schrittweise Schulöffnung ging, stand folgerichtig nicht im Fokus, wie es jungen Menschen wieder ermöglicht werden kann, mit Gleichaltrigen in Kontakt zu kommen oder wie die gesamtgesellschaftliche Krisensituation pädagogisch aufgearbeitet wird. Nein, man wollte allein sicherstellen, dass Abschlussklassen »funktionieren« und, dass das ohnehin kinderfeindliche selektive Schulsystem, am Laufen gehalten wird. Dass Kinder dazu in der Lage sind (notfalls mit der Unterstützung Ihrer Eltern) auch eine Schaukel oder Wippe »pandemiegerecht« zu nutzen, wurde ihnen von Vornherein abgesprochen. Und dass, Kinder jeglichen Alters in einer Reihe von Supermärkten, Hausverbot erhielten, war nicht nur den sie betreuenden Eltern gegenüber ungerecht.

Wie im Brennglas ließ sich in den vergangenen Wochen beobachten, welche gesellschaftliche Gruppe mit wieviel Macht ausgestattet ist. Denn im Ausnahmezustand regieren, noch mehr als sonst, die Interessen der Stärkeren. Und das sind »die Erwachsenen«. Zu diesen Starken gehört in Deutschland zweifelsohne die Automobilindustrie. Folgerichtig lud die Kanzlerin zum Autogipfel und übte sich mit einer erneuten Abwrackprämie als Wunscherfüllerin von VW, Audi und BMW.

Als LINKE setzen wir auch in Krisenzeiten andere Prioritären und fordern einen Kindergipfel! Dabei muss erörtert werden, wie Kinder auch im Ausnahmezustand zu ihren Rechten auf Beteiligung, Förderung und Schutz gelangen.

Was vor der Krise mitunter abstrakt erschien, zeigt sich nun ganz offen: Kinder sind nicht einfach kleine Erwachsene, sondern haben individuell und auch als gesellschaftliche Gruppe eigene Bedürfnisse und Interessenlagen.

Damit diesem Umstand endlich auch im Grundgesetz Genüge getan wird, brauchen wir die Kinderrechte im Grundgesetz. Im Notstandsmodus droht nun, dass dieses wichtige Vorhaben des Koalitionsvertrags hinten runterfällt und sich die konservativen Kräfte mit ihrer Verweigerungshaltung durchsetzen. Als LINKE werden wir weiter darauf drängen, die Jüngsten unserer Gesellschaft nachhaltig zu stärken.